Lokal und Fair aus der Schweiz
FairBio bekommt Unterstützung. Seit zwei Jahren kämpft der Verein Faire Märkte auch in der Schweiz für mehr Fairness in der Regionalvermarktung. Mit dem Projekt lokal+fair sollen die lokalen Lieferketten gezielt gestärkt werden.
In den Umfragen ist der Konsum lokaler Produkte den Verbraucher:innen durchaus wichtig. Auch Gastronomie und Gemeinden unterstützen nachhaltige Ernährungskonzepte. Doch in der Realität hapert es auch in unseren Nachbarländern an mittelständischen Verarbeitungsbetrieben in den Regionen, da diese im Markt oftmals nicht die notwendigen Preise erzielen können. In der Schweiz soll das Projekt lokal+fair hier Abhilfe schaffen.
Die Initiative fordert, dass Lebensmittelhändler ihre Produkte nur dann als lokal und regional vermarkten dürfen, wenn gleichzeitig auch die Prinzipien der sozialen Nachhaltigkeit erfüllt sind. „Aktuell beruhen die entsprechenden Marketingprogramme meist nur auf der regionalen Herstellung. Eine faire Bezahlung der Produzenten und Verarbeiter sowie die Berücksichtigung von Ökologie und Tierwohl fehlen“, sagt FMS-Präsident Stefan Flückiger. Mit den langen anonymen Lieferketten – Anbau, Produktion, Verarbeitung, Verpackung, Transport, Vertrieb und vielen Zwischenhändlern – seien die Prinzipien eines gesunden Wettbewerbs jedoch zu stark strapaziert. Die Organisation will deshalb eine Neudefinition des Begriffs ‘lokal’ und ‘aus der Region’.
Nationaler Tag für „lokal+fair“
Die neuen Initiative will die Fairness-Prinzipien im Lokaleinkauf in der Schweiz verankern. Gemeinden werden motiviert, die lokalen Lebensmittelnetzwerke unter dem Konzept von “Circuit Courts” mit transparenten, rückverfolgbaren und möglichst kurzen Wertschöpfungsketten zu integrieren. Alle Beteiligten werden dabei aufwandsgerecht entschädigt. Gleichzeitig fördert der Verein standortgerechte Produktionssysteme, die in der Regel mit einer umwelt- und tiergerechten Produktion einhergehen. Neben Pilotprojekten und den Vorbereitungen für die schweizweite Ausrollung sind Gespräche mit Partnern aus der Landwirtschaft und Gewerbe und Gastronomie Teil der geplanten Aktionen.
Außerdem organisiert der Verein einen Nationalen Tag der Direktvermarktung, der in diesem Jahr am 20. September stattfindet. „Hierbei wollen wir der Bevölkerung ganz konkret aufzeigen, wo und wie wirklich lokale Produzierende unterstützt werden können“, erklärt Stefanie Lichtsteiner, Co-Geschäftsführerin & Projektleiterin bei Faire Märkte Schweiz. Das Projekt lokal+fair wird von der Stiftung Mercator Schweiz, der Gemeinnützigen Stiftung Hans A. Bill und der Walter Haefner Stiftung unterstützt. Neben der Stärkung der lokalen Produktion nutzt FMS den Direktvermarktungstag zudem, um auf unfaire Handelspraktiken der Handelskonzerne aufmerksam zu machen.
Unfaire Praktiken angezeigt
Nachdem sich im April mehrere Gemüse-, Früchte- und Beerenlieferanten von Coop bei der Meldestelle von Faire Märkte Schweiz gemeldet haben, wurde eine wettbewerbsrechtliche Vorabklärung gestartet. Anlass war eine neue „Konditionenvereinbarung“ der Coop Genossenschaft, die aus Sicht der FMS auf eine missbräuchliche Ausnutzung der Marktmacht hindeutete. Nach dieser Vereinbarung sollen Lieferanten ab Mai 2025 einen Teil ihres Umsatzes als sogenannten „Bonus“ an Coop zurückzahlen – zunächst 1 Prozent in der Verteilregion Bern, ab Januar 2026 schweizweit sogar 3 Prozent. Diese neuen Bedingungen wurden einseitig durch Coop vorgegeben, ohne echte Verhandlungsmöglichkeit für die betroffenen Unternehmen.
„Für die Produzentinnen und Produzenten, die ohnehin unter tiefen Margen leiden, bedeutet dies zusätzlichen Druck. Der geschätzte Schaden durch diese Form der Rückvergütung beläuft sich auf rund 8 Millionen Franken jährlich“, erklärt FMS-Präsident Flückiger. Coop habe die Änderungen mit einem neuen Bestellsystem begründet, das angeblich die Abläufe für Lieferanten vereinfache. Die Produzenten sehen dies jedoch anders. Aus ihrer Sicht führt insbesondere der Einsatz von künstlicher Intelligenz zu noch schärferem Preiswettbewerb – und damit zu weiter sinkenden Produzentenpreisen.
Nach dem Scheitern einer einvernehmlichen Lösung mit Coop hat Faire Märkte Schweiz daher eine Anzeige bei der Wettbewerbskommission (Weko) eingereicht.
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