Verbraucher als Verbündete gewinnen
Wollen die Konsumenten wirklich eine nachhaltigere Landwirtschaft? Das fragen sich derzeit viele Biounternehmen, die in den Preisverhandlungen mit dem Handel davon aktuell wenig spüren. Das Resumee einer AgrarBündnis-Tagung in Berlin macht jedoch Mut.
Die Verbraucher wünschen sich Veränderung – ihnen fehlt jedoch die Orientierung. Das ist – kurz gefasst, das Ergebnis einer aktuellen Umfrage von More in Common e.V.. Im Auftrag der Robert Bosch Stiftung hat die Berliner Forschungsorganisation ermittelt, was den Verbraucher:innen in Sachen Ernährung wichtig ist. Nach Studienautor David Melches bleiben Geschmack, Preis und gesundheitlicher Mehrwert die wichtigsten Kriterien für die Lebensmittelauswahl, gefolgt von Regionalität, Tierwohl und Naturbelassenheit. Gleichzeitig wünschen sich zwei Drittel der Befragten eine Veränderung der Ernährungsweise, fast 80 Prozent befürworten eine stärkere Förderung des Ökolandbaus und rund 90 Prozent sprechen sich für eine Steuersenkung auf nachhaltige Produkte aus. Die Befragung zeige, dass Konsument:innen einer Ernährungswende grundsätzlich offen gegenüberstehen. Allerdings erwarten sie eine klare Orientierung, transparente Informationen und faire Preisstrukturen.
Der Fehler liegt im System
Dr. Gesa Maschkowski vom Bundeszentrum für Ernährung wies darauf hin, dass die heutigen Preissignale Verbraucherinnen und Verbrauchern kaum ermöglichen, nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Das Problem: Umweltverbrauch sei zu gering besteuert, Arbeitskraft dagegen hoch. Gerade Betriebe, die ressourcenschonend wirtschaften und mehr Handarbeit benötigen, hätten dadurch strukturell höhere Kosten. Dies führe zu folgendem Effekt: Nur 18 Prozent der insgesamt 560 Milliarden Euro Schäden an Umwelt und Gesundheit, die die Wirtschaft verursacht, werden durch Umweltsteuern gedeckt. Die restlichen 82 Prozent der Schäden zahlt faktisch der Steuerzahler.
Im Moment laute das Motto: wer einmal einkauft, zahlt dreimal – den Ladenpreis, die Umweltschäden und die Agrarsubventionen. Die Kunden könne dem Preis nicht entnehmen, was das Produkt anrichtet. Die Preise seien so verzerrt, dass Konsumenten keine intelligenten Entscheidungen treffen könnten, wie sie ein nachhaltiges Leben führen und dem Planeten gerecht werden könnten.
Optionen für eine Veränderung sind jedoch durchaus vorhanden. Die öffentliche Beschaffung gebe jährlich rund 500 Milliarden Euro aus und könnte aus Sicht von Maschkowski damit durchaus ein Signal setzen. Spielraum bestehe auch im Handel, der mit geringeren Margen und einer besseren Platzierung für Bioprodukte ein Zeichen setzen könnte.
Um das Ping-Pong-Spiel der Verantwortung zu unterbrechen, müsse die nachhaltige Landwirtschaft auf verständliche Weise besser kommunizieren, wo der Fehler im System liege. Der Schlüssel für eine Wende liege in einer gesellschaftlichen Vernetzung – in der Organsiation von Communities. Wenn Landwirtschaft, Bürgerinnen und Bürger, Mittelstand und Kommunen zusammenstünden, entstehe der Rückhalt, der in der Politik für mutige Entscheidungen gebraucht werde.
Hier geht es zur Studie von More-in-Common
